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Bilanzierung von emittierten Wandelschuldanleihen nach HGB

Wandelanleihen sind strukturierte Finanzinstrumente, welche aus einer Anleihe und einem Wandlungsrecht bestehen. Da es keine umfassende gesetzliche Regelung zur Bilanzierung von Wandelanleihen gibt, erfolgt die bilanzielle Würdigung nach IDW HFA RS 22 im Rahmen des sogenannten Split Accounting. Um die konvertible Natur von Wandelanleihen bilanziell abzubilden, müssen diese daher in den eigentlichen Darlehnsbetrag und in das Aufgeld aufgeteilt und getrennt bilanziert werden.

1. Begriffsdefinition

Wandelanleihen sind Schuldverschreibungen, die dem Gläubiger das Recht gewähren, seinen Anspruch auf Rückzahlung des Nennbetrags gegen eine bestimmte Anzahl von Aktien umzutauschen (§ 221 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 Alt. 1 AktG). Es handelt sich um eine Schuldverschreibung mit Wandlungsoption. Der Anleihezeichner erkauft sich das Wandlungsrecht durch einen niedrigeren Zinskupon. Der Zinskupon der Wandelanleihe liegt üblicherweise unter dem Zins, den der Emittent für eine Anleihe ohne Wandlungsrecht zu zahlen hätte.

Optionsanleihen hingegen sind Schuldverschreibungen, die dem Gläubiger das Recht auf Rückzahlung des Nennbetrags verbriefen. Zusätzlich erhält er das Recht, innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine bestimmte Anzahl von Aktien zu einem festgelegten Preis zu erwerben.

2. Bilanzielle Würdigung nach HGB

Für die Bilanzierung von Wandelanleihen nach HGB besteht keine umfassende gesetzliche Regelung. Die Bilanzierung erfolgt entsprechend gemäß der vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) veröffentlichten Stellungnahme IDW HFA RS 22.

Die Bestandteile strukturierter Finanzinstrumente sind immer dann als separate Vermögensgegenstände (z. B. Forderungen, Wertpapiere) und Schulden (z. B. Verbindlichkeiten, Drohverlustrückstellungen) zu bilanzieren, wenn sie aufgrund des eingebetteten Derivats im Vergleich zum Basisinstrument wesentlich erhöhte oder zusätzliche (andersartige) Risiken oder Chancen aufweisen.

Schuldverschreibungen mit Wandlungs- oder Optionsrechten zum Erwerb von eigenen Anteilen sind gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB immer getrennt zu bilanzieren. Danach hat der Emittent bei der Bilanzierung nach HGB die Wandelanleihe als strukturiertes Produkt in ihre beiden Komponenten, die Anleihe und das Wandlungsrecht, aufzuspalten. Diese sind dann im Rahmen des sogenannten Split Accounting getrennt zu bilanzieren.

2.1 Bilanzierung der Anleihekomponente nach § 266 Abs. 3 HGB

Der Emittent hat die Anleihekomponente nach § 266 Abs. 3 HGB auf der Passivseite der Bilanz mit dem Erfüllungsbetrag (§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB) auszuweisen, also mit dem Betrag, den der Emittent dem Anleger bei Fälligkeit schuldet, wenn eine Wandlung nicht erfolgt. Dabei ist in einem „davon“-Vermerk darauf hinzuweisen, welcher Anteil der Anleihe konvertibel ist („davon konvertibel“). Die finanzielle Schuld in Höhe des Erfüllungswertes ist zu dem Zeitpunkt anzusetzen, sobald die Wandelschuldanleihe ausgegeben und gezeichnet wurde.

2.2 Bilanzierung der Eigenkapitalkomponente nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB

Den Teil des Emissionserlöses, der als Entgelt für das Wandlungsrecht zu betrachten ist, hat der Emittent gesondert in die Kapitalrücklage einzustellen (§ 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB). Der in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB einzustellende Betrag ergibt sich demnach aus der Aufspaltung des Ausgabebetrags in den eigentlichen Darlehnsbetrag und in das Aufgeld. Da § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB den Ansatz von Verbindlichkeiten zum Erfüllungsbetrag vorschreibt, ist der Ansatz des um das Aufgeld verminderten Ausgabebetrags jedoch zu gering. In Höhe des Aufgelds ist demgemäß ein Disagio gem. § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB zu buchen. Da § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB als Aktivierungswahlrecht ausgestaltet ist, kann der Betrag i. H. d. Aufgeldes auch sofort aufwandswirksam erfasst werden. Geschieht dies nicht, ist das Disagio nach § 250 Abs. 3 Satz 2 HGB durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können.

Die Aufteilung der Wandelanleihe in ihre beiden Komponenten Anleihe und Wandlungsrecht erfolgt nach den bei Emission beizulegenden Zeitwerten. Die Bewertung des Wandlungsrechts wird gemäß der Analogie berechnet, dass der Zinssatz für eine Anlage ohne Wandlungsrecht mit der Wandelschuldanleihe des Emittenten verglichen wird. Daraus lässt sich dann der auf die Anleihekomponente entfallende Teil des Emissionserlöses ermitteln. Der Wert des Wandlungsrechts ergibt sich als Differenz aus dem Emissionserlös und dem auf die Anleihekomponente entfallenden Teil.

Zur Aufteilung der Wandelschuldanleihe in Ihre Komponenten wird ein risikogerechter Referenzzinssatz für die Bewertung einer vergleichbaren Anleihe ohne Wandlungsrecht ermittelt:

Zunächst wird der Wert der finanziellen Schuld dadurch bestimmt, dass die zukünftigen Tilgungen und Zinszahlungen mit dem risikogerechten Zinssatz abgezinst werden, der für eine ähnliche, aber nicht mit einer Eigenkapitalkomponente versehene, finanzielle Schuld nach Maßgabe der Marktverhältnisse und der Bonität bzw. des Ratings des Unternehmens zu zahlen wäre.

Bei der Ableitung eines marktgerechten Zinssatzes werden Informationen in Abhängigkeit der Annahmen zur Bonität, Peer-Group sowie Ermittlungsmethodik gesammelt. Der marktgerechte Zinssatz orientiert sich an den Zinssätzen, die für Anleihen von Unternehmen in ähnlichen Marktverhältnissen und mit vergleichbarer Bonität bzw. Ratingergebnissen, aber ohne die Wandeloption, gelten.

Abweichend von der oben dargestellten Herangehensweise, sehen wir es ebenfalls als sachgerecht an, den risikogerechten Zinssatz anhand der jeweiligen Eigenkapitalkosten zum Ausgabestichtag der Wandelschuldanleihe zu bestimmen. Bei dieser Annahme wird impliziert, dass anstatt der Wandelschuldanleihe auch eine Aktie gekauft werden könnte, welche ein solches Recht zur Wandlung nicht besitzt, sondern der jeweiligen Renditeerwartung entspricht.

Im Rahmen der Berechnung des in die Kapitalrücklage einzustellenden Werts des Eigenkapitalinstruments wird mit dem ermittelten marktgerechneten Zinssatz gerechnet. Ein übliches Disagio bildet die Ersparnis des Wandlungsrechts ab, welche ohne Berührung der GuV unmittelbar in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB einzustellen ist.

In Höhe des Aufgelds ist neben einer Einstellung in die Kapitalrücklage in selber Höhe entsprechend ein Disagio gem. § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB zu buchen. Der Ansatz erfolgt für den auf das Wandlungsrecht entfallenden Teil des Emissionserlöses, welcher für die Zeit bis zur erstmaligen Ausübbarkeit des Wandlungsrechts in Betracht kommt. Wie bereits eingangs erwähnt, kann der Betrag i. H. d. Aufgeldes auch sofort aufwandswirksam erfasst werden. Geschieht dies nicht, ist das Disagio nach § 250 Abs. 3 Satz 2 HGB durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können.

2.3 Behandlung der Transaktionskosten

Angefallene Transaktionskosten, die bei Begebung eines zusammengesetzten Finanzinstrumentes entstehen, sind entsprechend in den sonstigen betrieblichen Aufwendungen zu berücksichtigen.

2.4 Folgebewertung

Die laufenden Zinszahlungen sind direkt aufwandswirksam als Zinsaufwand zu erfassen. Im Übrigen sind die bei Emission eingebuchten Werte während der Laufzeit beizubehalten. Zinsänderungen und Änderungen des Aktienkurses führen nicht zu einer Änderung der Bilanzansätze für die Anleihekomponente oder das Wandlungsrecht. Insbesondere führen Wertsteigerungen des Wandlungsrechts nicht zu einer Erhöhung der Kapitalrücklage oder der Bildung einer Drohverlustrückstellung für die Verpflichtung des Emittenten zur Lieferung der Aktien, wenn der Emittent seine Lieferverpflichtung z.B. aus bedingtem Kapital oder mit einem Bestand eigener Aktien erfüllen kann.

Wird das Wandlungsrecht ausgeübt, ist die für die Anleihekomponente passivierte Verbindlichkeit auszubuchen. Das Grundkapital erhöht sich um den geringsten Ausgabebetrag (§ 9 Abs. 1 AktG) der an die Anleihegläubiger ausgegebenen Aktien. Die Differenz zwischen dem höheren Buchwert der erloschenen Verbindlichkeit abzüglich eines etwa verbliebenen Disagios und dem geringsten Ausgabebetrag der gewährten Aktien ist als Agio für die Aktien in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB einzustellen. Das Wandlungsentgelt verbleibt in der Kapitalrücklage § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB.

Wird das Wandlungsrecht nicht ausgeübt, so ist die Anleihe zum passivierten Erfüllungsbetrag zu tilgen und ein etwa noch vorhandener Rechnungsabgrenzungsposten erfolgswirksam auszubuchen. Die in Höhe des Wandlungsentgelts gebildete Kapitalrücklage bleibt unverändert bestehen.

2.5 Angabepflichten im Zusammenhang mit Wandelschuldanleihen

Nach § 285 Nr. 15a HGB sind im Anhang zum Jahresabschluss (§ 264 Abs. 1 S. 1 HGB) Angaben zu Wandelschuldverschreibungen und vergleichbaren Wertpapieren unter Angabe der Anzahl und der Rechte, die sie verbriefen, zu machen. Entsprechendes gilt nach § 314 Abs. 1 Nr. 7b HGB für den Konzernanhang. Zum Eigenkapital sind daneben Angaben zur Zahl der Bezugsrechte gemäß § 192 II Nr. 3 AktG zu machen (§ 160 I, Nr 5 AktG).

3. Beispiel

3.1 Sachverhalt

Die X AG gibt am 01.01.2023 zu Zwecken der Liquiditätsbeschaffung Wandelschuldanleihen mit einem Gesamtwert von 1 Mio. EUR aus. Diese sind in 1.000 untereinander gleichberechtigte 1.000 EUR Wandelschuldanleihen gegliedert.

Die Laufzeit der Wandelschuldanleihen beträgt 5 Jahre und endet somit am 01.01.2028. Der Nennbetrag wird mit 7,50 % p.a. verzinst, wobei die Zinszahlungen jährlich am 1. Januar fällig sind. Die anfallenden Zinszahlungen betragen 75 EUR p. a. je 1.000 EUR Wandelschuldanleihen und ergeben somit einen kumulierten Gesamtbetrag von jährlich 75 Tsd. EUR.

Die X AG hat ein Wandlungsverhältnis vom Nominalwert zu Aktien von 1:20 festgelegt. Das bedeutet, dass die Inhaber der Wandelschuldanleihen im Wert von 1.000 EUR in 20 Aktien des emittierenden Unternehmens umwandeln können. Der „Preis“ einer solchen Aktie beträgt somit 50 EUR. Der Zeitraum, in dem die Wandlung ausgeführt werden kann, ist auf die ersten zwei Wochen eines jeden Quartals beschränkt.

Die mit der Emission verbundenen Transaktionskosten liegen bei 20.000 EUR.

3.2 Bilanzierung

3.2.1       Bilanzierung der Anleihekomponente

Nach § 266 Abs. 3 HGB ist die Anleihekomponente auf der Passivseite mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen. In unserem Beispiel bedeutet dies, dass eine Verbindlichkeit i. H. v. 1.000.000 EUR passiviert werden muss.

3.2.2       Bilanzierung der Eigenkapitalkomponente nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB

Wie erwähnt muss zunächst der Wert der finanziellen Schuld dadurch bestimmt werden, dass die zukünftigen Tilgungen und Zinszahlungen mit dem risikogerechten Zinssatz über die Laufzeit der Wandelschuldanleihe abgezinst werden. Dieser orientiert sich an den Zinssätzen, die für Anleihen von Unternehmen in ähnlichen Marktverhältnissen und mit vergleichbarer Bonität bzw. Ratingergebnissen, aber ohne die Wandeloption, gelten. Der ermittelte Wert nennt sich Barwert der Anleihe.

Die Ableitung des marktgerechten / risikoadäquaten Zinses nach den oben genannten Kriterien, ergibt für die Wandelschuldanleihen der X AG zum Ausgabezeitpunkt einen Zinssatz von 8,50 %, welcher für die Abzinsung über eine Laufzeit von 5 Jahren verwendet wird.

Folgende Tabelle veranschaulicht die Berechnung des Barwerts anhand unseres Beispiels:

Der in die Kapitalrücklage einzustellende Wert des Eigenkapitalinstruments ergibt sich dann durch Subtraktion der finanziellen Schuld vom Wert des gesamten zusammengesetzten Instruments, d. h. unter Vernachlässigung von Emissionskosten vom vereinnahmten Betrag.

Dies bedeutet:  1.000.000 – 960.593,58 = 39.406,42

Der ermittelte Wert wird gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Kapitalrücklage eingestellt. Er kann, wie in Kapitel 2.2 beschrieben gem. § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB als Disagio erfasst und über die Nutzungsdauer abgeschrieben oder sofort aufwandswirksam erfasst werden.

3.2.3       Bilanzierung von Transaktionskosten

Die mit der Emission verbundenen Transaktionskosten i. H. v. 20.000 EUR werden als sonstige betriebliche Aufwendungen erfasst.

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